15. September 2025

Der Augenblick im Strom der Zeit

Fotografie findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern stets in einem sozialen Kontext. Was wir Bildrealität nennen, ist ein erlerntes Kulturprodukt und damit potentiell kontingent. Zwar hat die globalisierte Angleichung von Lebensformen dazu geführt, dass viele Alltagsszenen weltweit verstanden werden, es bleibt jedoch ein möglicher Rest von Fremdheit. Riten und Gebräuche, die uns selbst nicht vertraut sind oder die wir als solche vielleicht gar nicht erkennen, können das adäquate Verständnis eines Bildes einschränken. Ob eine Fotografie wahrhaftig ist, kann deshalb von einem Fremden, an anderen Orten sind übrigens wir die Fremden, mitunter kaum beurteilt werden. Alltagsszenen werden vor allem im eigenem Kulturkontext verstanden.

Alles ist in Bewegung. So sah es schon Heraklit. Das Leben, die übrige Realität und die Vorstellungen von beiden sind gleichbedeutend mit stetigen Veränderungen. Die Geschichte der Philosophie ist ohne eine solche Wesensbestimmung des Seins nicht vorstellbar. Ob es sich um die belebte oder unbelebte Natur, die physikalische Teilchenstruktur der Materie oder die Dynamik der menschlichen Ideen von sich selbst und ihrer Umwelt handelt, überall ist Bewegung. Alles fließt und das unbewegt Erscheinende verbirgt lediglich seinen dynamischen Charakter. Veränderung ist das einzig Sichere des Kosmos. Das Wissen der altgriechischen Philosophie zieht sich durch bis in die Moderne. Ob im dialektischen Idealismus Hegels oder in politökonomischen Geschichtsauffassungen, stets gilt Veränderung als das notwendige Ergebnis des Widerstreits von Ideen oder von gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Auch wenn uns teleologische Geschichtsmodelle heute suspekt sind, eine Welt ohne Wandel ist nicht in Sicht und wird auch von niemandem ernsthaft erwartet. Alles Sein ist ein stetiges Werden und Vergehen.

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Stadtkrähen, Berlin 2025

Im Lokschuppen des Deutschen Technikmuseums Berlin

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Essays

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Gedanken zum fotografischen Bild

Trotz der Masse an Fotografien, die uns täglich begegnen, hält ein empathisches Interesse an dem in die Jahre gekommene Medium an. Das statische Bild bedient offenbar neben allen Flimmereien auf den Bildschirmen ein Bedürfnis nach dem Fixierten, in Ruhe Betrachtbaren. Sein Wahrheitsversprechen mag Täuschung sein, und dennoch wollen wir nicht auf den Blick verzichten. Auch die Kunstwelt hat dies längst erkannt.

Die insgesamt möglichen Perspektiven zur Charakterisierung der Fotografie lassen sich kaum aufzählen. Und auch eine theoretische Zusammenbindung ist nicht vorstellbar. Mehr als Plausibilitäten und der Versuch einer Annäherung an ihre Eigenheiten sind nicht zu erwarten. In den Essays wird die Thematik von verschiedenen Ausgangspunkten her umkreist. Mal wirkt die Fotografie wie ein geschwätziges Medium, mal wie elitäre Kunstbemühung. Alle Gedanken hierzu müssen fragmentarisch bleiben. Unter diesen Umständen mag sich jeder und jede selbst ein Bild machen, um im Jargon der Fotografie zu bleiben.

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